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| Marc Heiland | PC-Games

Endzone2Bild1Wenn wir an Aufbauspiele in der Postapokalypse denken, kommen uns meist düstere Entscheidungen, moralische Dilemmata und der ständige Kampf ums Überleben in den Sinn. Doch Endzone 2, das neue Werk der deutschen Gentlymad Studios, schlägt in seiner ganzen Art einen anderen Ton an: Weniger Stress, mehr Struktur – und eine überraschend entschleunigte Endzeit. Dabei will das Spiel nicht einfach nur ein Nachfolger, sondern eine deutlich elegantere und tiefere Version des ersten Endzone sein. Ob das gelingt, haben wir in vielen Stunden im Ödland getestet.

Willkommen im Nichts – und zurück ins Leben

Nach einer weltweiten Katastrophe starten wir mit einer kleinen Gruppe Siedlern und einem multifunktionalen Fahrzeug, dem „Pathfinder“, in eine karge, aber vielversprechende Welt. Ziel ist es, die Zivilisation neu aufzubauen – ähnlich wie in Spielen à la Anno, nur dass statt feudaler Handelsrouten nun Trinkwasser, Strahlenschutz und Lagerfeuerromantik auf dem Plan stehen.

Was sofort auffällt: Endzone 2 gibt sich zugänglich. Ein umfangreiches Tutorial führt Neulinge behutsam durch die Grundzüge des Spiels. Vom ersten Zelt über Holzfällerlager bis zur Trinkwassergewinnung bauen wir Schritt für Schritt unsere erste Siedlung auf. Dabei ist die Benutzerführung klar, die Steuerung durchdacht, und auch das Arbeitssystem mit direkter Zuweisung von Arbeitskräften ist angenehm unkompliziert. Wer Aufbauspiele kennt, findet sich sofort zurecht.

Gefahren? Ja. Hektik? Kaum.

Im Gegensatz zu genreverwandten Titeln wie Frostpunk oder Surviving the Aftermath schlägt Endzone 2 einen wesentlich ruhigeren Ton an. Zwar lauern Umweltgefahren wie radioaktive Regenfälle, Sandstürme und Dürren – doch wer vorausschauend plant und nicht kopflos expandiert, gerät selten in echte Not.

Ein Beispiel: Während einer Dürre versiegt die Wasserquelle eures Sees – fatal für Fischer und Wasserträger. Doch mit ausreichend Vorräten und einem vorsorglich gebauten Brunnen lässt sich diese Krise meist gut überstehen. Die größte Herausforderung liegt darin, mehrere Produktionsketten im Auge zu behalten. Für eine simple Gasmaske etwa braucht man Kohle aus Holz, Filter aus Metall, Stoffe aus Fasern – und all das muss gesammelt, weiterverarbeitet und verteilt werden.

Siedlung X sucht Sumpf

Nicht alle Rohstoffe sind überall verfügbar. So benötigen wir für die Herstellung von Medizin zwingend einen Sumpf – doch unsere erste Siedlung liegt weit davon entfernt. Mit dem Pathfinder schicken wir ein paar tapfere Entdecker auf die Reise und errichten später an einem passenden Ort eine neue Niederlassung. Die beiden Siedlungen können über Handelsrouten miteinander verbunden werden, sodass ein Netzwerk aus spezialisierten Standorten entsteht.

Hier entfaltet sich die eigentliche Stärke von Endzone 2: die stetige Weiterentwicklung und Organisation mehrerer Siedlungen, ohne dass der Spieler überfordert wird. Das Management fühlt sich befriedigend, aber nie übermäßig komplex an.

Endzone2Bild2Keine Feinde außer der Natur

Auffällig ist, was Endzone 2 nicht bietet: bewaffnete Gegner, feindliche Fraktionen oder gar einen Multiplayer-Modus. Hier kämpft man ausschließlich gegen die Launen der Umwelt – oder gegen sich selbst, wenn man Warnungen ignoriert und zu schnell wächst.

Wer sich mehr Herausforderung wünscht, kann im Endlosmodus den Schwierigkeitsgrad drastisch anheben. Doch selbst dann bleibt das Spiel durch pausierbare Zeit und clevere Planung meist kontrollierbar. Das mag manchen zu zahm erscheinen – anderen kommt es wie eine wohltuende Abwechslung vor.

Expeditionen: Auf zu neuen Ufern

Einer der cleversten Spielmechaniken sind die Expeditionen. Mit dem Pathfinder erkunden wir das Ödland auf eigene Faust. Alte Fabriken, verlassene Häuser oder mysteriöse Bunker lassen sich untersuchen – und tatsächlich betreten wir diese Orte in einem simplen, aber atmosphärischen Adventure-Modus. Kleine Rätsel, wie das Auffinden eines Generators oder das Umgehen von Fallen, lockern den Aufbaualltag auf.

Neben Rohstoffen gewinnen wir dabei auch Wissenspunkte, mit denen sich neue Technologien, Produktionsstufen oder Gebäudearten freischalten lassen. Diese Forschung ist essenziell – doch manchmal etwas zu stark an Expeditionen gekoppelt. Wer lieber in Ruhe seine Stadt ausbaut, fühlt sich von der Notwendigkeit ständiger Entdeckungsreisen möglicherweise etwas ausgebremst.

Technik, Grafik und Stimmung

Grafisch präsentiert sich Endzone 2 durchweg solide. Die Detailverliebtheit der Gebäude, die sanft animierten Umwelteffekte und der gelungene Tageszeitenwechsel schaffen Atmosphäre. Was hingegen fehlt, ist der sogenannte „Wuselfaktor“ – also das liebevolle Treiben einzelner Bewohner. Stattdessen wirken die Überlebenden anonym. Sie haben keine Namen, keine Hintergrundgeschichten, keine individuellen Schicksale. Sie sind Ressourcen – keine Charaktere. Leider wirkt die Grafik insgesamt etwas schlechter aufgelöst. Dadurch werden Details häufig nicht sauber dargestellt, gibt es grobe Schatten und besondere Effekte oder Lichtspiele, sucht man hier vergeblich. So wirkt alles zweckmäßig, ist aber weit entfernt von der Grafik eines Anno 1800.

Auch ein klassischer Story-Modus fehlt bislang. Zwar gibt es vertonte Porträts, die euch durch das Tutorial und einzelne Bauphasen führen, aber echte narrative Tiefe oder moralische Dilemmata à la This War of Mine sucht man vergeblich. Auch hier fehlt es am atmosphärischen Drumherum. Immerhin läuft das Spiel insgesamt stabil, bietet viele Inhalte und Mechaniken, und auch das Interface ist bereits angenehm aufgeräumt. Zwar stören beim Start gelegentlich längere Ladezeiten, im Spiel selbst läuft jedoch alles rund.

Fazit: Aufbauen statt abreißen

Endzone 2 ist ein gut durchdachtes, charmantes Aufbauspiel in einem ungewöhnlichen Setting. Es denkt das Überleben in der Endzeit nicht als ständige Notlage, sondern als strategisch-entspanntes Abenteuer. Wer einen Mix aus Anno, Banished und Frostpunk sucht – ohne deren Härte – findet hier eine faszinierende Alternative.

8Die Expeditionen bringen frischen Wind ins Genre, das Ressourcenmanagement ist angenehm anspruchsvoll, und die Möglichkeit, mehrere Siedlungen zu organisieren, sorgt für Langzeitmotivation. Doch gerade fortgeschrittene Spieler könnten sich an der geringen Dramatik stören.

Wertung: 8 von 10 Punkten

Wir bedanken uns bei den Entwicklern für das zur Verfügung gestellte Testexemplar. 

U. Stappen

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